
90 % Effizienz – Traum oder Täuschung?
eBook: Kalkulation im Lohnunternehmen
Effizienz gehört zu den bekanntesten Kennzahlen im Lohnunternehmen. Doch was genau verbirgt sich dahinter, wenn Berufskollegen über Effizienz diskutieren? Unser Branchenexperte Fabian Tillmann weiß die Antwort.

Häufig fallen in Lohnunternehmen Effizienz-Werte zwischen 60 % und 90 %, und manch einer fragt sich, wie es möglich ist, dass ein Betrieb 90 % der geleisteten Arbeitsstunden abrechnen kann. Doch um diese Zahlen richtig einzuordnen, muss zunächst geklärt werden, welche Faktoren in die Berechnung der Effizienz einfließen.

1. Verrechnete Stunden – die Basis der Effizienz
Der wichtigste Aspekt sind die Stunden, die direkt dem Kunden in Rechnung gestellt werden. Dies umfasst in erster Linie die Arbeitszeit beim Kunden, abzüglich Pausen und eventueller Reparaturen. Setzt man diese ins Verhältnis zur gesamten Arbeitszeit, ergibt sich oft eine Effizienz von lediglich 40 %.
Eine präzisere Berechnung berücksichtigt nicht nur die Arbeitszeit beim Kunden, sondern auch die An- und Abfahrten. Diese Fahrzeiten sind direkt mit dem Kundenauftrag verbunden, erhöhen die Auftragskosten und fließen in die Dienstleistungspreise ein. Abhängig von der Art der Dienstleistung und der Kundenstruktur kann die Effizienz so auf 50–60 % steigen. Trotz dieser Berechnung bleiben oft 40–50 % der Arbeitszeit übrig, die nicht direkt in Rechnung gestellt werden können. Diese Zahl variiert je nach Betrieb erheblich. Doch was machen die Mitarbeiter in dieser verbleibenden Zeit?
Die meisten Lohnunternehmen verfügen über eine eigene Werkstatt, in der Reparaturen, Wartungen sowie Reinigungs- und Pflegearbeiten an den Maschinen durchgeführt werden. Diese Tätigkeiten sind essenziell für einen reibungslosen Betrieb, werden aber oft nicht als Teil der Effizienz betrachtet.

Ein höherer Effizienzwert bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Betrieb wirtschaftlicher arbeitet – möglicherweise wurden einfach weitere Faktoren wie interne Werkstattzeiten berücksichtigt.
Fabian Tillmann
2. Eigene Werkstattzeiten als Teil der Effizienz
Theoretisch könnte man alle Wartungs-, Reparatur- und Pflegearbeiten extern von einer Fachwerkstatt erledigen lassen. Dadurch würden die Mitarbeiter ausschließlich für Kundenaufträge arbeiten und die Effizienz könnte auf 90–95 % steigen. Doch dieser Ansatz führt zu erheblichen Werkstattkosten, die die Maschinenkosten und somit die gesamte Kalkulation stark belasten würden.
Stattdessen sollten Werkstattzeiten den jeweiligen Maschinen zugeordnet und als „verkaufte Stunden“ betrachtet werden. Obwohl hierfür keine Rechnung an einen Kunden erstellt wird, sind diese Stunden intern von Bedeutung und tragen zur betrieblichen Effizienz bei.

3. Effizienz richtig interpretieren
Die starken Unterschiede in den Effizienzwerten zwischen Lohnunternehmen erklären sich oft durch unterschiedliche Berechnungsgrundlagen. Ein höherer Effizienzwert bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Betrieb wirtschaftlicher arbeitet – möglicherweise wurden einfach weitere Faktoren wie interne Werkstattzeiten berücksichtigt. Eine fundierte Datenbasis ist daher entscheidend, um eine realistische Einschätzung der Effizienz zu ermöglichen.
Für eine faire und transparente Kostenverteilung müssen Werkstattzeiten den jeweiligen Maschinen genau zugewiesen werden. Sobald eine Reparatur oder Wartung länger als 15 Minuten dauert, sollte diese Zeit der entsprechenden Maschine zugerechnet werden. Schließlich unterscheiden sich die Wartungs- und Reparaturaufwände eines Feldhäckslers oder Mähdreschers erheblich von denen eines Schwaders oder Häckselwagens.